Für Experten ist klar: Für die Berner Jungbären Berna und Urs gibt es nirgends Platz. Ihnen droht der Tod.
Berna und Urs, knapp sieben Monate alt, verzaubern die Schweiz. Seit ihrer Geburt sind sie die Stars im Berner Bärenpark. Jedes Wochenende beobachten Tausende Besucher entzückt, wie die Bärenbabys klettern, spielen, toben, baden und Purzelbäume schlagen.
Doch damit wird wohl bald Schluss sein. Den Zwillingen droht die Todesspritze! «Ich kann nicht ausschliessen, dass wir die Jungbären einschläfern lassen», sagt Bärenpark-Direktor Bernd Schildger (54). «Wenn wir kein artgerechtes Zuhause für sie finden, ist das nach dem Tierschutzgesetz legitim.» In spätestens eineinhalb Jahren wird Mama Björk ihre Jungen verstossen. Dann brauchen Urs und Berna je ein eigenes Revier.
Kein Platz für Braunbären
Die Suche nach einem neuen Zuhause hat bereits begonnen, aber «einen Platz zu finden, ist keine einfache Aufgabe», so Schildger.
Der Schweizer Peter Dollinger, Geschäftsführer des Verbands deutscher Zoodirektoren: «Braunbären sind sehr schwer unterzubringen. Der Markt ist gesättigt. Dazu sind es noch zwei Männchen und sie müssen als Erwachsene getrennt voneinander untergebracht werden.» Vorsichtig fügt er hinzu: «Es nimmt mich wunder, was sie in Bern mit den Jungbären machen.»
Schildger verspricht «das volle Programm», um das Leben der Bärchen zu retten: «Ich werde sämtliche Zoos, Tier- und Bärenparks der Welt persönlich anschreiben und mit allen Mitteln versuchen, die beiden zu platzieren
Hoffnungslos?
Für Frank Albrecht (41), Zoo-Experte der Tierschutz-Organisation Peta, ist das vergebliche Liebesmüh: «Ich bin sicher, dass sie in Bern schon die Tötung der Bären planen. Weltweit ist es praktisch unmöglich, einen Platz für Braunbären zu finden. Die Zoos sind voll davon.»
Braunbären gelten nicht als bedrohte Tierart. Selbst in der freien Wildbahn nimmt ihr Bestand wieder zu. Erst vor wenigen Wochen ist ein Braunbär ins Unterengadin eingewandert.
Überzählige Zootiere werden laut Tierschützer Albrecht an Zirkusse oder dubiose Tierhändler verkauft – oder eben eingeschläfert.
«Die Situation ist bekannt. Doch die Zoodirektoren züchten trotzdem weiter Jungtiere, damit die Kasse klingelt», sagt der Tierschützer Albrecht. «Zoos missbrauchen die Tiere, um Besucher anzulocken.»
Bärenbabys sind lukrativ
Keine Frage, die Bärenbabys sind Publikumsmagnet. Seit der Eröffnung der neuen Bärenanlage im Oktober bestaunten schon mehr als eine Million Besucher den drolligen Nachwuchs von Björk und Finn.
Der Eintritt in den Bärenpark ist kostenlos, aber der «Jöh»-Effekt von Tassen, Bilderbüchern und Postkarten mit den süssen Bärchen spielt hohe Summmen ein. Geld, das der Bärenpark gut gebrauchen kann. Die neue Anlage kostete doppelt so viel wie geplant: 21 Millionen Franken.
«Urs und Berna haben sich weltweit als Marke etabliert», so Direktor Schildger. Den Vorwurf, er habe die Jungbären fahrlässig und nur aus kommerziellen Gründen gezüchtet, weist er von sich: «Es ist wichtig für die Lebensqualität der Alttiere, dass sie Junge bekommen können.»
Robert Zingg (55), Kurator des Zürcher Zoos, sieht es ähnlich: «Partnerwahl, Paarung und Jungenaufzucht sind wichtige Verhaltensmerkmale, die dürfen wir den Tieren nicht nehmen. Auch wenn das Risiko besteht, dass man überzähligen Nachwuchs einschläfern muss.» Populationsmanagement nennen Zoologen dieses Dilemma.
Tierschützer Albrecht lässt das nicht gelten: «Erst sperrt man die Tiere ein, dann redet man von natürlichen Verhaltensmerkmalen. Das ist kompletter Unsinn.» Urs und Berna seien seit der Zeugung dem Tod geweiht. Schon damals sei klar gewesen: Wenn aus den niedlichen Teddys ausgewachsene Raubtiere werden, weiss keiner, wohin mit ihnen
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